Ich sitze da wie Arthur Spooner mit seinem 555-NASE-Funktelefon. Der Blick erwartungsvoll, das Herz bereit für meinen ersten offiziellen Einsatz als Computerheld. Irgendwas Einfaches wär schön. Drucker einrichten. WLAN flackert. Ein Reinkommer halt. Sanft landen, Held sein, Feierabend.
Dann vibriert mein Handy. WhatsApp. Eine Nachricht, kurz und vielversprechend:
Kunde: „Grüß Gott, mein DVD-Brenner geht nicht, kann ich einen Hardware-Check-Service buchen?“
“Na gut, klingt machbar”, denke ich. Ich tippe zurück:
Ich: „Hallo, soll ich wegen des DVD-Brenners schauen, oder möchten Sie den Hardware-Service?“
Kunde: „DVD-Brenner.“
Ich: „Gut!“
Kunde: „Ich brauche den Hardware-Check-Service.“
Ich: „Der Service hat mit dem Brenner nichts zu tun, ich kann auch nur deswegen vorbeischauen.“
Kunde: „Nein ich brauch das.“
😑 Ich: Ja, Spallerhof kenne ich.“
Außen. Einfamilienhaus. Spallerhof. Nachmittag.
Claudias Schäferhund tobt im Zwinger wie ein Endgegner in der letzten Runde Tekken. Ein riesen Viech. Wufft wie ein Presslufthammer. Bloß keinen Augenkontakt.
Die Tür geht auf. Der Kunde steht da, neutraler Gesichtsausdruck. Kein Smalltalk. Der PC steht im Wohnzimmer – ein schwarzer Big-Tower, schwer wie schlechte Laune. Ich zücke das Formular, Auftrag Nummer 70: (Service) Hardware-Check. Einmal abschließen, dann trag ich das Ding allein raus in den Hof.
Ich: „Darf ich Fotos machen? Es ist mein erster Auftrag.“
Kunde: „Von mir?“
Ich: „Nein, nur vom PC.“
Kunde: „Achso, okay.“
Hund (gedanklich, aber mit Schaum vor’m Maul): „Wos schaust, ha? Kumm her!
WAU. WAU. WAU. *knurr*
Ich in Gedanken: „Oida … hat der das Gehäuse mit’n Akkuschrauba zua’gschraubt? Und der Staub … na servas!“

Mein mobiler Fön bläst die Wollknäuel quer über den Hof. Kleine Staubmäuse rollen wie Western-Tumbleweed an mir vorbei. Fünf Meter entfernt geht der Schäferhund auf Anschlag – kurz vorm Kollaps durch das Dröhnen, als wär’s ein startender Düsenjet. Der Kunde steht mit Schlappen daneben und beobachtet mich, Stirn in Falten gelegt.
Ich: „Ich trag das Gehäuse jetzt wieder rein. Ich möchte die Hardware unter Licht reinigen und vermeiden, dass da draußen von den Bäumen Pollen oder Blätter reinkommen.“
Kunde: „Passt.“
Drinnen richte ich mir mein kleines Arbeitsfeld ein. Ich pinsle, ich wische. Die Spezialtücher nehmen Schicht für Schicht das Jahrzehnt aus dem Gehäuse. Der Kunde schaut erstaunt, als er den Dreck auf dem Tuch sieht – Mischung aus Nikotin, Hundehaar und Platinen-Kummer.
Ich: „Das SATA-Kabel hier hat sich gelöst. Das gehört zum DVD-Brenner, ich steck’s wieder rein.“
Kunde: „Ah, der PC stand vorher oben. Wir haben ihn runter ins Wohnzimmer … da hat’s vielleicht zu sehr gewackelt.“
Ich in Gedanken: „Wahrscheinlich die Treppe runter getreten. Der EPS12V hängt auch halb lose drin.“

Alles sauber, alles fest – ab zur Hardware-Diagnose. Ich packe die Checkliste aus, hake Punkt für Punkt ab: Temperaturen, Laufwerke, Speicher. Sauber, wie man’s halt macht.
Kunde: “Ist das im Preis mit drin?”
Ich: “Ja, zu diesem Service gehört eine ausführliche Hardware-Diagnose samt Systemdatenträgerwartung. Ich mache nur, was im Auftrag steht.”
Kunde: “Und mein Brenner geht wieder?”
😑 Ich: “Wir schauen uns das im Anschluss an. Kabel stecken auf jeden Fall wieder alle.”
Kunde: “Können wir gleich Windows 11 installieren?”
Ich: “Wir können einen neuen Auftrag schreiben, und dann kann ich im Anschluss Windows 11 Pro installieren.”
Kunde: “Na dann ned.”
Ich: 😑
Ich: “So, das Dateisystem hatte ein paar Fehler – nichts Wildes, alles repariert. Hier ist Ihr Diagnoseblatt. Ich baue jetzt alles zusammen und fülle gleich noch Ihre Zustandsbescheinigung aus.”
Kunde: “Und der Brenner?”
Ich: “Den schauen wir uns gleich an.”

Nach gefühlten Ewigkeiten ist Windows 10 Home endlich hochgefahren. Im Autostart-Menü drängen sich gut 20 Icons – ein Programm wertloser als das andere. Ständig poppen Hinweise auf: Updates hier, fehlende Systempakete da, irgendwas mit Java. Ein digitales Durcheinander mit eigener Persönlichkeit.
Ich: „Na, da ist ja einiges los. Haben Sie eine DVD, dass wir den Brenner noch checken können?“
Der Kunde sagt kein Wort, verschwindet kurz und kommt wieder. In der Hand: eine Film-DVD-Box. Titel: Star Wars: Episode IV – Eine neue Hoffnung. Ich grinse, lege die Scheibe ein. Der Brenner springt an, der Media Player spielt das Menü ab – inklusive der vertrauten Musik.
Ich: „Alles bestens!“
Kunde: „Passt.“
Ich: „Wenn ich eh schon da bin, soll ich kurz das Chaos beim Hochfahren lichten? Würde 15,00 € kosten, bräuchten wir nur kurz neuen Auftrag machen?“
Kunde: „Na, des brauchts ned.“
Ich packe mein Werkzeug zusammen, starte meinen Laptop, öffne die Rechnungssoftware. Der Kunde verschwindet kurz – und kommt mit dem hart verdienten Grünen zurück.
Ich: „Danke, darf ich die Rechnung per E‑Mail schicken, ist sofort da?“
Kunde: „Geht’s auch gedruckt?“
😑 Ich: „Muss kurz meinen Mobildrucker holen, kleinen Moment.“
Ich raus zur Straße, vorbei am noch immer skeptisch starrenden Schäferhund – diesmal nur mit Blicken, kein Bellen mehr. Ausdruck im Hundegesicht: endgültiges Misstrauen. Ich komme zurück, drucke die Rechnung direkt vor Ort aus.
Kunde: „Passt.“
Ich: „Alles Gute – und wenn ich mal was wegen Windows 11 oder dem langsamen Start machen soll, können Sie sich gerne melden.“
Kunde: „Passt.“
Ich: „Auf Wiederschaun.“
Der Hund in Gedanken (ohne zu bellen): „Schleich di.“
Fazit
Ich schließe mich dem Kunden an: „Passt.“
War’s heldenhaft? Das sollen die Chronisten entscheiden.
Der Hund lebt, der Brenner brennt, die Hardware ist wieder tipptopp – und ob der Kunde am Ende glücklich war? Das könnten wohl nur die Verhaltensanalysten aus dem US-Fernsehen herausfinden.